Grosses Sparpotenzial beim Warmwasser

Warmes Wasser ist im Haushalt ein grosser Energiefresser. Mit durchdachter Technik lassen sich Ressourcen schonen, was sich auch fürs Budget auszahlt. Wie das funktioniert, zeigt eine innovative Überbauung im Kanton Bern. Unweit des Dorfkerns von Gross­affoltern, zwischen Biel und Bern, stehen vier nachhaltig konzipierte Mehrfamilienhäuser aus Holz, ener­getisch auf dem neuesten Stand der Technik, auch im Badezimmer. Das Geheimnis des Energie­sparens steckt hier in der Wand respektive in einer Vorwand: ein Lüf­tungssystem und eine kleine, hoch­effiziente Wärmepumpe, die mit der Abwärme aus der Lüftung das Warm­wasser aufbereitet. Auf Zuleitungen aus der zentralen Warmwasseraufbe­reitung im Keller konnte verzichtet werden. Die Energieverluste von 50 bis 70 Prozent beim Zirkulieren ent­fallen. Ein vakuumisolierter Boiler im Bad sorgt für genügend Warm­wasser. Die Warmwasseraufbereitung direkt im Badezimmer verbraucht wesentlich weniger Energie als die Warmwasserproduktion durch den Heizkessel im Keller.

«Ein wichtiger Beitrag zur Energie­wende», sagt Balz Hegg, der Erfin­der dieses kompakten, dezentralen Warmwassersystems. In einem ener­getisch guten Neubau ist der Ener­gieverbrauch für Warmwasser um 16 Prozent höher als für die Heizung. Das ist eine Folge der konsequen­ten Wärmedämmung, während der Warmwasserverbrauch in den letzten Jahren kaum gesunken ist. Mit einfa­chen bis komplexeren Massnahmen lässt sich jedoch der Energiever­brauch für Warmwasser senken.

50 Liter Warm­wasser pro Kopf und Tag

Warmwasser fällt nach einer Reno­vation stärker ins Gewicht: Der Verbrauch bleibt nämlich statis­tisch gleich, während der Energiebedarf des Gebäudes überall sonst gesunken ist. Mit einem klu­gen Sanierungskonzept haben Haus­eigentümerinnen und ­-eigentümer aber viel Einsparpotenzial, was das hausinterne Wassernetz betrifft. Immerhin nutzen Schweizerinnen  und Schweizer pro Kopf täglich 140 Liter Wasser, davon werden 50 Liter warm aufbereitet.

Gemäss dem Schweizerischen Verein des Gas­- und Wasserfachs SVGW braucht die Bereitstellung von 1000 Litern Kalt­wasser rund 0,45 kWh Energie – die­selbe Menge Warmwasser mit einer Temperatur von 60 C jedoch rund 58 kWh, also 125­-mal mehr. Ener­gie einsparen beim Wasser bedeutet konkret, geringere Wassermengen respektive kürzere Nutzungszeiten zu erreichen oder die Nutzungstem­peratur zu reduzieren. Ausserdem sollte das Wasser mit erneuerbarer Energie aufbereitet werden.

Unsere Mietenden, Eigentümerin­nen und Eigentümer haben sich nie über zu wenig Warmwasser beklagt.

Niklas Stuber

Effizienzklasse A wählen

Warmwasser zu sparen, zahlt sich aus, wie eine Modellrechnung von EnergieSchweiz zeigt. So vermindert eine vierköpfige Familie in einem äl­teren, nicht sanierten Einfamilien­haus den Wasserverbrauch um mehr als 30  000 Liter pro Jahr, wenn sie die alten Armaturen (Effizienzklasse D) in Bad und Küche durch Armaturen der Effizienzklasse A und die Dusch­brause durch ein sparsames Modell ersetzt. Damit gibt die Familie pro Jahr 300 Franken weniger für Was­ser und Energie aus.

Die wasser­- und energiesparenden Sanitärprodukte werden von den führenden Herstel­lern in der Schweiz mit der Energie­etikette gekennzeichnet. Heute sind mehr als 5500 Produkte wie Arma­turen, Strahlregler, Selbstschlussarmaturen oder Duschsysteme mit Wärmerückgewinnung im Handel und online unter Save Water damit deklariert. Die energie­- und wassersparenden Produkte sind der Effizienzklasse A zugeordnet.

Clevere Systeme planen

Warmwasser spart die Hauseigentüme­rin oder der -eigentümer auch mit einer klugen Pla­nung bei der Haussanierung oder beim Neubau. Je kürzer der Weg vom Warmwasserspeicher zur Ar­matur oder Duschbrause ist, desto weniger Energie geht verloren. Neue Warmwassersysteme müssen ge­mäss den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (Mu­KEn) ganz oder teilweise mit erneu­erbarer Energie beheizt werden. Eine Möglichkeit ist der Wärmepumpen­boiler, bei dem die Umgebungsluft als Energiequelle verwendet wird. Ideal ist die Kombination mit einer Photovoltaikanlage. Eine weitere Lö­sung ist ein Warmwasserspeicher, der von der Zentralheizung erwärmt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese eine Wärmepumpe, eine Holz­feuerung oder eine Fernheizung ist. Wird der Warmwasserspeicher mit einer thermischen Solaranlage  (Solarkollektoren) betrieben, kann das Warmwasser in sonnenarmen Perioden mit einem Elektroeinsatz oder der Heizung nacherwärmt wer­den.

Aus hygienetechnischer Sicht eignen sich auch Frischwassersta­tionen gut: Hier wird Trinkwasser mittels Heizungswassersystem und Wärmetauscher aufgewärmt, sobald es tatsächlich gebraucht wird. Bei  älteren Gebäuden sollte die Däm­mung der Warmwasserrohre geprüft werden. «Das historische Wassersystem in Gebäuden ist sehr ineffizient», sagt Balz Hegg. Mit seiner Swiss­frame AG in Münchenbuchsee hat er bereits rund 200 vorgefertigte Vor­wandsysteme installiert. In Gross­affoltern wäre der Anschluss an die Fernwärme die Alternative gewesen, was laut seinen Berechnungen je­doch doppelt so teuer gewesen wäre. Für knapp 26  000 Liter 60 C warmes Wasser pro 2­ Personen­haushalt werden rund 1400 kWh Energie be­nötigt. Im Vergleich zu einem Fernwärmeanschluss mit zentra­ler Warmwasseraufbereitung liegt der Energieverbrauch um mehr als die Hälfte tiefer.

Bauherr Niklas Stuber aus Schüpfen (BE) fügt hinzu: «Unsere Mietenden, Eigentümerin­nen und Eigentümer haben sich nie über zu wenig Warmwasser beklagt.» Dies, obwohl in der Wand bloss ein 100­-Liter­-Boiler steckt, der zweimal pro Tag gefüllt wird. Als Back­-up­-System dient ein elektrisch betrie­bener Durchlauferhitzer. Gemäss den Betriebsdaten werde er jedoch kaum benötigt, sagt Balz Hegg.

Wärmepumpe schonen

Für Bauherr Niklas Stuber sind die Erfahrungen mit einem dezentra­len Warmwassersystem erfreulich, jedoch sei es bestimmt nicht für je­des Gebäude und jeden Bauherrn geeignet. Balz Hegg stimmt ihm zu: Geeignet und erprobt sei es in Mehrfamilienhäusern, «aber auch in hocheffizienten kleinen Häusern sehe ich eine Chance» – zumal damit die Wärmepumpe im Keller nur noch für die Heizung arbeiten müsse und somit kleiner dimensioniert werden könne. Dies mit entsprechend tie­feren Investitionen und geringeren Betriebskosten.

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